Leptinresistenz

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Wie kommt es zu Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas)? Weshalb ist es manchmal so schwer, aufzuhören zu essen? Warum kommt das  Sattheitsgefühl manchmal erst so spät?Dafür sind verschiedene Mechanismen im Körper verantwortlich.

In der Schweiz hat sich der Anteil der Bevölkerung mit Adipositas (Übergewicht) von 1992 von 5 % bis 2017 auf 11 % verdoppelt. Insgesamt waren 31 % der Schweizer  2017 übergewichtig!


Adipositas und Übergewicht sind Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck (39 % höher als bei Normalgewichtigen), Diabetes (10 % höher als bei Normalgewichtigen), zu hohen Cholesterinspiegel (13 %  höher als bei Normalgewichtigen). Weitere gehäufte Erkrankungen sind Arthrose oder Arthritis. (1)

 

Leptin, das Sättigungshormon im Fettgewebe

Um die Zusammenhänge und die Mechanismen, die in unserem Körper stattfinden, besser zu verstehen, ist es notwendig sich ein Hormon, nämlich Leptin, genauer anzuschauen: 
Das Hormon Leptin wird im weissen Fettgewebe (Bauchfett) produziert.  
Es gibt dem Gehirn (Hypothalamus) das Signal: "du hast genug gegessen, du bist satt, es ist genügend Energie in Form von Fett vorhanden". Somit ist es ein wichtiges Sättigungshormon.

Leptin sagt dem Hirn: Du hast genug gegessen. Du bist satt und hast genug Energie!

Es funktioniert also wie eine Benzinuhr: Ist viel Benzin im Tank, können wir losfahren. (2) Somit kann der Mensch alles tun, worauf er Lust hat. Leptin aktiviert die Schilddrüse, Organe wie das Herz, die Muskulatur und aktiviert den Stoffwechsel. Sogar für die Fortpflanzung ist Leptin wichtig, da es das Signal gibt, dass die notwendige Energie für eine Schwangerschaft vorhanden ist. (3)

Bei adipösen Menschen funktioniert das Leptinsignal im Gehirn ("ich bin satt") nicht mehr so stark. So ist das Gehirn bei Menschen mit einem krankhaften Körperfettanteil nicht mehr in der Lage das Hormon Leptin  „wahrzunehmen“. Die Folge ist eine Leptinresistenz. Dies bedeutet, das Gehirn reagiert nicht mehr auf das Leptinsignal und entwickelt somit kein Sättigungsgefühl. (2)
Ein Mensch mit mehr Bauchfett produziert zwar mehr Leptin, durch den hohen Leptinspiegel im Blut wird aber das Gehirn im Laufe der Zeit resistent gegen das Hormon.

Die Folgen sind ein vermehrtes Hungergefühl, Müdigkeit, sowie kalte Hände und Füsse. Weiterhin aktiviert ein zu hoher Leptinspiegel das Immunsystem. Die Folgen sind möglicherweise eine chronische Aktivierung des Immunsystems, das mit niedriggradigen Entzündungen einhergehen kann. (3)

Ausserdem erhöht Leptin die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber dem Hormon Insulin, das wiederum Zucker in unsere Körperzellen transportiert. Bei einer Leptinresistenz ist diese Empfindlichkeit der Zellen auf das Insulin gestört. So ist als Folge mit einer Insulinresistenz durch den hohen Insulinspiegel im Blut zu rechnen. Damit wird ein zweiter Teufelskreis losgetreten in deren Folge ein Diabetes Typ 2 entstehen kann. (4)

Bacteroidetes und Firmicutes: Gegenspieler im Darm

Einen dritten Teufelskreis finden wir im Darm. Durch eine fett- und zuckerreiche Ernährung sind im Darm mehr Bakterien der Gattung Firmicutes vorhanden. Diese Firmicutes sind sehr gut darin, komplexe Kohlenhydrate aufzuspalten und für den Körper verfügbar zu machen, die normalerweise nicht körperverfügbar sind. Menschen mit einem hohen Anteil an Firmicutes nehmen deshalb schneller zu.  Die Bacteroidetes hingegen binden überschüssigen Zucker und führen diesen aus dem Darm ab. Ein deutliches Überwiegen von Firmicutes gegenüber Bacteroidetes beeinflusst die Leptinwirkung ebenfalls negativ.

 

Folgen einer Leptinresistenz:

  • keine Sättigung, mehr Hunger,

  • man isst mehr (meistens zu fett- und kohlenhydratreich),

  • das viscerale Fett nimmt zu, was wiederum ein Risikofaktor für die Entstehung eines metabolischen Syndroms ist,

  • das Verhältnis von „guten“ zu „schlechten“ Darmbakterien verändert sich,

  • das Immunsystem kann chronisch aktiviert werden....


Wie können diese Teufelskreise durchbrochen werden?

 

  1. Ernährungsumstellung mit vielen Ballaststoffen und wenig Kohlenhydraten, dafür einem höheren Proteingehalt

  2. Reduktion der Mahlzeitfrequenzen, damit sich die Bauchspeicheldrüse zwischenzeitlich erholen kann und der Insulienspiegel möglichst tief bleibt

  3. An ihre Körperzusammensetzung angepasste Bewegung

  4. Normalisierung der Bakterienflora des Darmes durch Gabe von Probiotika (nützlichen Darmbakterien wie zB Lactobazillen), die den pH Wert im Darm regulieren und die "guten" Darmbakterien in ihrem Wachstum unterstützen. (5) Ausserdem Gabe von gezielten Ballaststoffen, die ebendiesen Bakterien zur Nahrung dienen. Hervorzuheben ist hier das Apfelpektin als Lieblingsspeise der Bacteroidetes.

 

Quellen:

(1)    Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017, welche seit 1992 im Fünfjahresrhythmus vom Bundesamt für Statistik (BFS) durchgeführt wird.
(2)    High-Fat Diet Induces Leptin Resistance in Leptin-Deficient Mice, C. E. Koch, C. Lowe, D. Pretz, J. Steger, L. M. Williams, A. Tups)
(3)    Dr. Leo Pruiboom: „Werde wieder Mensch, die Rückkehr des Homo sapiens“
(4)    Interactions between leptin and insulin resistance in patients with prediabetes, with and without NAFLD
Simona Bungau, Tapan Behl, Delia Mirela Tit, Florin Banica, Ovidiu G. Bratu, Camelia C. Diaconu, Carmen D. Nistor-Cseppento, Cristiana Bustea, Raluca A. Corb Aron, and Cosmin Mihai Vesa
(5)    Nutrients. 2020 Sep; 12(9)
Published online 2020 Aug 24. Effect of Lactobacillus rhamnosus GG on Energy Metabolism, Leptin Resistance, and Gut Microbiota in Mice with Diet-Induced Obesity
Yu-Chieh Cheng and Je-Ruei Liu