Der Positive Emotionale Attraktor

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Mit guten Gefühlen schneller am Ziel

Ein Kunde war bei uns zur konventionellen Physiotherapie nach einem Oberschenkelbruch. Die Rehabilitation ging gut vonstatten, ausser einem hartnäckigen Hinken, welches trotz intensiver Bemühungen meines Arbeitskollegen nicht verschwinden wollte. Der Aufbau der Hüftstabilisatoren wollte einfach nicht gelingen und beide, Patient und Therapeut waren frustriert.

Hier sieht man, wie das persistierende Hinken den emotionalen Zustand von Frust (dass es noch nicht besser ist) und Angst (dass es so bleiben könnte und er vieles nicht mehr wird tun können) auslöst. Das formulierte Ziel "ich will nicht mehr hinken" ist immer mit einer negativen Vorstellung (=Hinken) verknüpft, was entsprechende neurobiologische Konsequenzen hat: Das vegetative Nervensystem ist aktiviert, Stresshormone werden ausgeschüttet, was wiederum die Heilung beeinträchtigt. Ein solches Ziel wird als negativer emotionaler Attraktor bezeichnet.

Als ich Giordano übernahm, wollte ich von ihm wissen, worauf er sich denn am meisten freuen würde, wenn die volle Funktion des Beines wieder hergestellt wäre. Seine Augen leuchteten, als er mir sagte: „wieder Snowboarden und Skaten können“.

Diese Technik der Fragestellung nennt sich "motivational Interviewing". Es geht darum, den Patienten aus dem Kreislauf des Frustes und der Enttäuschung herauszuholen und stattdessen Hirnareale zu aktivieren, in denen gute Erlebnisse gespeichert sind - eben ein positive emotional attractor, ein Zielzustand, den man gerne wieder erreichen möchte.

Ich liess Giordano beschreiben, was sein ultimatives Snowboarderlebnis gewesen war:
"Der glitzernde Schnee, der bei den Kurven emporstob, der blaue Himmel, der Fahrtwind im Gesicht, der Geruch nach Frische" - so dass er immer mehr in dieses Erlebnis eintauchte, als würde er es gerade real erleben. Diese Eindrücke verknüpften wir mit dem Körpergefühl, diesem euphorischen Gefühl in der Herzgegend, mit dem Gefühl der Stärke in den Beinen und verankerten das Bild so, dass er es jederzeit abrufen konnte.

Mithilfe der Methode der Neuroimagination kann man die Wirkung eines solchen Erlebnisses maximieren, indem alle Sinne gezielt abgefragt werden. Dadurch werden die neuronalen Netzwerke aktiviert werden und auf der hormonellen Ebene werden heilungsfördernde Substanzen ausgeschüttet.

Dann gingen wir zurück ins Training und machten ein paar Übungen, die den Bewegungsabläufen beim Snowboarden ähnelten, während er die ganze Zeit dieses Snowboarderlebnis in seiner Vorstellung aktivierte. Auch die Übungen, die er zuhause ausführte, sollte er in Zukunft immer mit der positiven Erinnerung verknüpfen.

Hier geschieht nun die Verknüpfung des positivem emotionalen Attraktors mit den aktiven Übungen. Die aktiven Übungen sind nicht mehr mit Gefühlen von Frust und Angst gekoppelt, sondern mit jenen, die eine günstige neurohormonelle Situation erschaffen.

Die Wirkung von solchen Interventionen zu beobachten ist faszinierend. Von dem Zeitpunkt an, als Giordano seines positiven Zieles bewusst trainierte, begannen die Übungen zu greifen und schon nach wenigen Wochen machten sich grosse Fortschritte in der Stabilität bemerkbar. Zwei Monate später war das Hinken fast gänzlich verschwunden und Giordano begann wieder zu skateboarden.

Gibt es in ihrem Leben negative emotionale Attraktoren, Ziele, die auf der Vermeidung von etwas beruhen? Wie könnten Sie ihr Ziel so umformulieren, dass ein positiver emotionaler Attraktor draus wird? Was wäre ein passendes Bild dazu, dass sie sich immer wieder vor Augen führen könnten?