Interview Petra Müller

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Petra Müller ist Food-Aktivistin und Fundraiserin mit einem MAS in Leadership und Management. Sie ist die Autorin des Blogs Freakfood und Gründerin des Vereins Food Movement, einer Non-Profit-Organisation, die das Ziel verfolgt, das Bewusstsein über gesundheitsfördernde Ernährung zu entwickeln.

 

Petra, unsere Wege haben sich gekreuzt, als ich auf der Suche nach Gleich­gesinnten war, die auch die Auffassung vertreten, dass die Ernährung vielmit Gesundheit zu tun hat. Wie bist du zu dieser Überzeugung gekommen?
Alles begann Ende 2010 mit wandernden Schmerzen an verschiedenen Gelenken. 2013 bekam ich die Diagnose rheumatoide Arthri­tis. Die Medikamente, die ich verschrieben bekam, wirkten jedoch nicht richtig und ich konnte keinen Tag mehr ohne Schmerzmittel sein. Also machte ich mich auf die Suche nach einem besseren Weg und fand heraus, dass eine entzündungshemmende Ernährung meine Schmerzen lindern könnte.

Wie bist Du bezüglich der Ernährung vorgegangen?
Als erstes habe ich Zucker, Weizen und Milch­produkte weggelassen. Dann habe ich mit­tels einer Ausschlussdiät festgestellt, welche 10 Nahrungsmittel ich persönlich nicht vertrage und die in der Folge zu Schmerzen führen. Diese habe ich dann von meinem Speiseplan gestrichen. Das war ein grosser Durchbruch für mich, denn seitdem habe ich keinerlei «Schübe» mehr. Aber es ist ein ständiger Pro­zess des Anpassens und Ausprobierens, um weiterhin herauszufinden, was optimal für mich ist. Gewisse Lebensmittel wie Zitronen kann ich mittlerweile wieder essen.

War die Ernährungsumstellung die einzige Massnahme, die du getroffen hast?
Nein, zusätzlich habe ich auch Entspannungsübungen und gezielte Bewegung in meinen Alltag integriert. Ich glaube nicht, dass ich wegen meiner nicht ganz idealen Ernährung krank geworden bin. Wie so oft kamen wohl mehrere Faktoren zusammen. Nach einer berufsbegleitenden Weiterbildung hatte ich mich 2010 zur Selbständigkeit entschieden, was eine Menge mir noch unbekannten Druck mit sich brachte. Dazu kamen verschiedene emotional aufwühlende Ereignisse wie der Tod meines Schwagers, der Verlust meiner Katze und ein tödlicher Wanderunfall, bei dem ich Zeugin wurde.

Was waren die Auswirkungen all dieser Umstellungen?
Die Entzündungen und damit auch die Schmerzen sind so weit zurückgegangen, dass ich die Medikamente reduzieren und im Sommer 2016 komplett absetzen konnte. Meine Lebensqualität hat sich wesentlich ge­steigert. Und nicht nur das. Durch diese Aus­einandersetzung habe ich so viel gelernt über mich selbst, wie ich leben und mich ernähren will, dass ich mich entschieden habe, den Blog Freakfood zu lancieren, auf dem ich meine Erkenntnisse und Erfahrungen, vor al­lem aber entzündungshemmende Rezepte teile – ich esse fürs Leben gern!

Doch dabei ist es nicht geblieben?
Richtig. Während meiner Recherchen zu die­sem Thema stellte ich fest, dass auch zahl- reiche andere Erkrankungen mit gezielter Ernährung beeinflusst werden können. Ein beeindruckendes Beispiel ist mein Mann, der nach wenigen Monaten Ernährungsumstel­lung kein Asthma mehr hat.

Und so ist der Verein Food Movement entstanden. Was ist die Idee dahinter? Mit dem Verein Food Movement möchten wir gesamtgesellschaftlich bekannter machen, was Ernährung alles bewirken kann. Wir zei­gen Erfahrungsberichte von Menschen mit verschiedensten Erkrankungen, und wie sie dank gezielter Ernährung ihre Beschwerden lindern konnten. Wir haben zudem den «Healthy Friday» lanciert und zeigen jeden Freitag ein gesundes Rezept oder einen Text zu Bewegung oder Entspannung. Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe und möchten die Men­schen inspirieren, parallel zu schulmedizini­scher Behandlung auch die Ernährung als Teil ihres Genesungsweges zu integrieren.

Gibt es deiner Meinung nach die eine richtige Ernährungsweise?
Jein. Jeder Körper ist anders und einzigartig. Es gibt Menschen, die viel Rohkost und einiges an Kohlehydraten vertragen, andere fühlen sich wohler mit gekochter Kost, mit oder ohne tierische Lebensmittel. Worüber sich inzwischen wohl jedoch alle einig sind, ist, dass übermässiger Zuckerkonsum und Fertig­produkte schlecht und eine abwechslungsrei­che Kost aus frischen, saisonalen Gemüsen und mit Liebe selbstgekochtes Essen gesund­heitsfördernd sind. Bei Milchprodukten und Fleisch kommt es auf gute Qualität und die Menge an.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, verzichtest du mittlerweile auf viele Nahrungsmittel. Ist dieser Verzicht nicht schwierig und hart?
Zu Beginn war das schon eine ziemliche Herausforderung. Aber ich hatte die Nase gestri­chen voll von Schmerzen, deshalb war ich zu einigem Verzicht bereit. Ich habe zudem das Glück, dass ich neugierig bin und gerne neue Lebensmittel ausprobiere. Schon ziemlich bald hat sich meine Lebensqualität körperlich wie geistig so positiv verändert, dass ich meine ungewöhnliche Ernährung heute nicht mehr als Verzicht wahrnehme.

Petra, herzlichen Dank für deine Offenheit und viel Erfolg mit all deinen Initiativen!